Dr. Peter Röthig | WiBe-TEAM
Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit dem WiBe®-Konzept
Investitionen in die Informations- und Kommunikationstechnik sollen die Wirtschaftlichkeit fördern. Die Einlösung dieser Forderung ist vorab nicht immer einfach zu belegen. Planung und Genehmigung von IT-Projekten erfordern eine belastbare Darlegung künftiger Kosten und Nutzen – nicht nur eine Prüfung auf technische Machbarkeit. Ein Teil der wirtschaftlichen Effekte (insbesondere des monetären Nutzens) lässt sich allerdings häufig nur schwer unmittelbar in Euro messen.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen müssen über die monetären Wirkungen hinaus weitere qualitative Aspekte berücksichtigen, um zu einer fundierten Aussage zu gelangen. Hier hat sich das WiBe-Konzept seit Jahrzehnten als anerkanntes Verfahren bewährt.
Was heißt Wirtschaftlichkeit, wie kann man sie ermitteln?
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip fordert, bei allen Maßnahmen das günstigste Verhältnis zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben: der Nutzen eines (IT‑) Projektes und die dadurch ausgelösten Kosten (Ressourcenverbrauch) sollen in „möglichst günstiger Relation“ zueinander stehen. Instrument dafür ist die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung („WiBe“), die sich auf einzelne Projekte bzw. Beschaffungsmaßnahmen bezieht und die sich so von der periodenbezogenen Kosten-Leistungsrechnung abgrenzt.
WiBe Konzept
Welche Kosten und welcher Nutzen ergeben sich aus einem bestimmten Projekt in den kommenden Jahren? Welche qualitativen Wirkungen sind damit verbunden? Warum ist es wirtschaftlich sinnvoll, das betreffende Projekt durchzuführen?
Die WiBe liefert Aussagen zur Wirtschaftlichkeit geplanter Maßnahmen. Weil die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung immer auch mit zukunftsbezogenen Annahmen arbeitet, muss ihre Vorgehensweise verbindlich geregelt sein – Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bedürfen eines einheitlichen Konzepts.
- Monetäre Bewertungen machen den Kern jeder WiBe aus. Für Projekte ist die Kapitalwertmethode das geeignete Verfahren. Dabei werden vereinfacht alle künftigen Aus- und Einzahlungen einer Lösung auf den Startzeitpunkt des Projektes abgezinst. Ergebnis ist der Kapitalwert – ist er positiv, ist das Projekt monetär wirtschaftlich.
- Nicht-monetäre, qualitative Bewertungen ergänzen die WiBe, indem sie Wirkungen der Lösung beschreiben, die sich nicht in Euro messen lassen. Üblicherweise verwendet man dazu die Nutzwertanalyse. Vereinfacht werden alle qualitativen Wirkungen nach ihrer Bedeutung gewichtet und mit Punkten bewertet. Ergebnis ist ein Nutzwert – je höher, desto besser ist die Lösung qualitativ einzuschätzen.
Was macht die Wirtschaftlichkeit einer IT-Lösung aus?
Die Wirtschaftlichkeit einer IT-Lösung im erweiterten Sinne ergibt sich aus verschiedenen Wirkungen:
- den monetär quantifizierbaren Kosten- und Nutzen,
- der qualitativ-strategischen Bedeutung der neuen Lösung sowie ggf.
- aus externen Effekten, die die Lösung außerhalb der projektdurchführenden Institution bewirkt.
Dieses Konzept für die Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde von Dr. Peter Röthig (WiBe-TEAM) bereits 1992 entwickelt und vom Bundesministerium des Innern der Öffentlichen Verwaltung zur Anwendung empfohlen. Mit seinen Aktualisierungen (1997, 2001, 2004, 2007, 2015) gilt es mittlerweile auch international als umfassender und unabhängiger Standard für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.
Welche WiBe Kennzahlen sind von Bedeutung?
Monetäre Wirtschaftlichkeit
Von zentraler Bedeutung sind alle monetär quantifizierbaren Kosten- und Nutzengrössen der IT-Lösung:
- Entwicklungskosten, also vor allem Kosten für Hard- und Software, Installation und Systemeinführung.
- Betriebskosten und Betriebsnutzen, also Sach- und Personalkosten sowie Wartung/ Systempflege der neuen Lösung. Den Kosten sind die Einsparungen gegenüber zu stellen, die sich aus der Ablösung eines Altsystems ergeben.
Die ermittelten (bzw. geschätzten) Beträge sind mit der Kapitalwertmethode abzuzinsen. Monetäres Ergebnis der WiBe ist der Kapitalwert des Projektes: ist er positiv, ist das Projekt wirtschaftlich.
Daneben gibt es weitere, nicht monetäre Bewertungen und Kennziffern, die zur Begutachtung der Wirtschaftlichkeit dienen. Es handelt sich um qualitative Aspekte des Projektes, die in einer Nutzwertanalyse dargestellt werden:
Qualitativ-strategische Bedeutung
Die qualitativ-strategische Bedeutung der neuen Lösung ist ein zentrales Kriterium: wie passt sich beispielsweise die Lösung in den IT-Ausbau insgesamt ein, wie hoch ist der Qualitätszuwachs bei der Erledigung von Fachaufgaben? Diese und zahlreiche weitere Kriterien sind zu bewerten.
Externe Wirkungen der Lösung
Die Lösung kann in erheblichem Umfang Auswirkungen auf andere haben. Die sog. „externen Effekte“ sind – falls sie nicht nur rudimentär das Projekt prägen – in die Bewertung einzubringen: wie steht es beispielsweise mit der Benutzerfreundlichkeit aus Kundensicht, gibt es einen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen für die Kunden?
Welche Empfehlungen folgen aus WiBe-Kennzahlen?
Aus den WiBe Kennzahlen ergeben sich Entscheidungsregeln für das einzelne Projekt, beispielsweise: bei positivem Kapitalwert ist die Maßnahme grundsätzlich wirtschaftlich und sollte durchgeführt werden; bei negativem Kapitalwert kann das Projekt durchgeführt werden, sofern der Qualitätswert (und ggf. die Externen Effekte) die Schwelle von 50 Punkten übersteigt und die Relation von negativem Kapitalwert zu den aufzuwendenden Haushaltsmitteln vertretbar erscheint.
WiBe-Konzept: flexibel konfigurierbar …
Das WiBe®-Konzept und die (webbasierte) WiBe Anwendung lassen sich flexibel auf die Belange einzelner Institutionen und bestimmter Projektarten einstellen. So ist es beispielsweise möglich, den ‘generellen Bewertungskatalog’ durch projektspezifische Kriterienkataloge zu ergänzen: der Anwender kann so auf einfache Weise eine fundierte Wirtschaftlichkeitsberechnung für einen bestimmten Projekttyp erstellen mit der Gewissheit, alle Aspekte systematisch zu berücksichtigen. Die WiBe Anwendung kann als Intranetlösung implementiert oder als Software as a Service (SaaS) über die WiBe Website bezogen werden.