BRH Bemerkungen 2015 (Dezember 2015; Auszug)

Bei seinen Prüfungen wendet der Bundesrechnungshof beide in Artikel 114 Absatz 2 Grundgesetz genannten Maßstäbe an: Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit untersucht er das Verhältnis von Kosten und Nutzen. Dabei gilt die Aufmerksamkeit der Frage, ob die geprüften Stellen ihre personellen und materiellen Res­sour­cen wirtschaftlich verwenden.

Wir haben für Sie einige Textpassagen aus den Bemerkungen 2015 zum Thema “Wirtschaft­lichkeitsberechnungen” dokumentiert.

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft muss bei Traditionsveranstaltung Vergaberecht beachten (#26, S. 25f und 202ff)

Das BMEL richtet seit dem Jahr 1962 alle zwei Jahre ein vierzehntägiges internationales Seminar für rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus. Von Beginn an beauftragte das BMEL dieselbe Tagungsstätte, ohne die Leistung öffentlich auszuschreiben. Die letzte Veranstaltung kostete 209 000 Euro.

Der Bundesrechnungshof hat dies als Verstoß gegen die Vergabevorschriften sowie den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beanstandet. Er hat das BMEL aufgefordert, das Seminar künftig öffentlich auszuschreiben.

Das BMEL will die Leistung auch künftig ohne Ausschreibung an diese Tagungsstätte vergeben, da nur sie die Veranstaltung ausrichten könne. Gründe hierfür seien insbesondere die lange Tradition des Seminars, die  Unterbringungsmöglichkeit der Tagungsstätte für mehr als 100 Personen, ihre günstige Verkehrsanbindung und der außergewöhnliche Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Bundesrechnungshof hält daran fest, dass das BMEL als öffentlicher Auftraggeber Dienstleistungen nur gemäß den vergaberechtlichen Bestimmungen im Wettbewerb vergeben darf. Die vom BMEL vorgetragenen Argumente rechtfertigen keine Ausnahme.

Bundesinstitut für Risikobewertung kaufte unnötig Software (#27, S. 26 und 179ff)

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schloss im November 2009 einen Vertrag über das Liefern und Einführen einer Software für 500 000 Euro. Mit dieser Software wollte es eine Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) etablieren, seine Ressourcen planen und Geschäftsprozesse abwickeln. Das Projekt sollte Mitte 2011 abgeschlossen sein. Das BfR zahlte dem Auftragnehmer bis Ende 2013 rund 1,3 Mio. Euro. Der reguläre Betrieb der Software mit der für eine KLR erforderlichen Zeiterfassung begann Anfang 2014.

Das BfR kaufte Ende 2010 eine Softwareerweiterung mit 500 Anwenderlizenzen für ein Bestellsystem, die es zwei Jahre später beim Hersteller gegen andere Software tauschte, da es sie nicht benötigte. Darüber hinaus erwarb
es 500 Anwenderlizenzen für ein Berichtswesen. Hiervon nutzte es über vier Jahre lang nur eine. Es zahlte dem Hersteller jährliche Wartungskosten von rund einem Fünftel des Softwarepreises. Die Wirtschaftlichkeit der
Softwareerweiterungen hatte es nicht untersucht.

Der Bundesrechnungshof hat das Projektmanagement des BfR als unzureichend beanstandet. Das BfR hätte durch eine fundierte Feststellung seines tatsächlichen Bedarfs vermeiden können, Lizenzen zu früh und teilweise unnötig zu kaufen. Die fehlerhafte Bedarfsermittlung führte zu erheblichen, vermeidbaren Wartungskosten. Das BfR hat künftig Projekte umfassend zu planen, Empfehlungen der Bundesverwaltung zu berücksichtigen und Lizenzen erst zu kaufen, wenn sie tatsächlich benötigt werden.

BMVI entscheidet weiterhin ohne aktualisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen über Bauvorhaben (S. 30 und 202ff)

Der Rechnungsprüfungsausschuss forderte das BMVI im Jahr 2012 auf, bei wesentlich veränderten Rahmenbedingungen die Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen zu kontrollieren. Eine Fortführung muss es von dem Ergebnis der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit abhängig machen. Der Beschluss beruhte auf einem Bericht des Bundesrechnungshofes über den Bau eines Schiffshebewerkes. Das BMVI hatte den Bau fortgeführt, obwohl die Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme gefährdet war.

Im Jahr 2014 genehmigte das BMVI für ein Ausbauvorhaben Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe. Dabei belegte es die Wirtschaftlichkeit lediglich mit einer vagen Abschätzung, wie sich das elf Jahre zuvor errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis geändert haben könnte. Auf die Kritik des Bundesrechnungshofes kündigte das BMVI an, es wolle den Wirtschaftlichkeitsnachweis jetzt nachholen.

Nachträgliche Wirtschaftlichkeitsnachweise genügen den haushaltsrechtlichen Anforderungen nicht. Das Erfordernis der Aktualisierung soll dem BMVI vielmehr zum Zeitpunkt der Entscheidung die relevanten Informationen
zur Wirtschaftlichkeit verschaffen. Der Bundesrechnungshof wird bei seinen weiteren Prüfungen verstärkt untersuchen, ob das BMVI den Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses beachtet.

Schreibe einen Kommentar