BRH Bemerkungen 2013 (Dezember 2013; Auszug)

Bei seinen Prüfungen wendet der Bundesrechnungshof beide in Artikel 114 Absatz 2 Grundgesetz genannten Maßstäbe an: Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit untersucht er das Verhältnis von Kosten und Nutzen. Dabei gilt die Aufmerksamkeit der Frage, ob die geprüften Stellen ihre personellen und materiellen Res­sour­cen wirtschaftlich verwenden.

Wir haben für Sie Textpassagen aus den Bemerkungen 2013 zum Thema “Wirtschaft­lichkeitsberechnungen” dokumentiert.

Regelungen zur Übertragung staatlicher Aufgaben auf Beliehene müssen verbessert werden (#3, S. 120ff)

Eine Form der Organisationsprivatisierung staatlicher Aufgaben ist die Beleihung. Ziel einer Beleihung ist es, staatliche Aufgaben wirksam und wirtschaftlich zu erledigen. […]  In jedem Fall sollen Beleihungen die wirksame und wirtschaftliche Erledigung staatlicher Aufgaben fördern und sichern. Sie sind insbesondere dann vorzuziehen, wenn Beliehene Aufgaben effizienter als eine Behörde erledigen können. Effizienzgewinne können z. B. erreicht werden, wenn besondere technische Kenntnisse oder vorhandene Strukturen der Beliehenen genutzt werden. Vor einer Beleihung sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Der Erfolg einer Beleihung ist später zu kontrollieren.

Um Beliehene auszuwählen und Beleihungsverhältnisse zu verlängern, sind transparente und wettbewerbsorientierte Verfahren anzuwenden. Damit soll der Gefahr begegnet werden, dass die Beleihung unwirtschaftlich ist, sich private Monopole bilden und der Korruption nicht ausreichend vorgebeugt wird.

Bei der Beleihung ist das Wirtschaftlichkeitsgebot der Bundeshaushaltsordnung zu beachten. Müssen für eine Beleihung erst neue Strukturen geschaffen werden, kann ein „Bürokratieabbau“ aber kaum gelingen. Ebenso wenig führt allein eine Aufgabenfinanzierung über Gebühren dazu, dass die Beleihung wirtschaftlich ist. Vielmehr ist es notwendig, zu erwartende Effizienzgewinne in Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu ermitteln und später auch nachzuweisen. Wer die Anforderungen an die Beleihung am besten erfüllt, muss in einem wettbewerbsorientierten Verfahren ermittelt und danach regelmäßig überprüft werden. Demgegenüber wurden Beleihungsverhältnisse ohne vorherigen Wettbewerb begründet und ohne neue Markterkundung in einem Fall 25 Jahre beibehalten.

[…] Der Bundesrechnungshof bekräftigt daher seine Empfehlung, geeignete Hilfen für die Ressorts zur Verfügung zu stellen. Ohne sie ist ein Mindestqualitätsstandard im Beleihungswesen des Bundes nicht sichergestellt. Das Bundesinnenministerium sollte daher prüfen, welche Hilfen für die Bundesverwaltung zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Beleihungen nötig sind. Dabei soll es auch Vor- und Nachteile einer grundsätzlichen Normierung der Beleihung im Bundesrecht untersuchen.

Parallelentwicklung und -betrieb von Personalwirtschaftssystemen unwirtschaftlich (Bundesministerium des Innern) (#5, S. 125ff)

Die Bundesregierung hatte im Jahr 1996 beschlossen, die IT-Verfahren zur Unterstützung der Personalwirtschaft zu standardisieren. Personalwirtschaftssysteme unterstützen Personalplanung, -beschaffung, -einsatz, -entwicklung, -abrechnung und -verwaltung. Diese Aufgaben sind in den Ressorts weitgehend gleich. Auch das Konzept „IT-Steuerung Bund“ aus dem Jahr 2007 sah u. a. eine ressortübergreifende Bündelung und Standardisierung vor. Die Bundesregierung richtete hierzu den Rat der IT-Beauftragten der Ressorts ein. Dieser entscheidet einstimmig. Den Vorsitz führt die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, die dem Bundesinnenministerium angehört. Nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes verfolgten die Ressorts für die IT-Unterstützung der gleichartigen personalwirtschaftlichen Aufgaben dennoch unterschiedliche Ansätze. Hierfür machten sie ihre jeweiligen Ausgangslagen, Umfeldfaktoren und einen umfangreichen Individualbedarf verantwortlich, der sich nicht standardisieren lasse. Sie entwickelten weitgehend parallel und unkoordiniert vier große und viele kleine Personalwirtschaftssysteme, die untereinander nicht kompatibel waren und einen dreistelligen Millionenbetrag kosteten. Dafür nutzten sie teils gleiche, teils unterschiedliche Technologien und Produkte.

[…] Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass es der Bundesregierung seit nunmehr 17 Jahren nicht gelungen ist, die IT-Verfahren zur Unterstützung der Personalwirtschaft der Bundesverwaltung zu vereinheitlichen. Er hat dies darauf zurückgeführt, dass die Bundesverwaltung das Konzept „IT-Steuerung Bund“ nicht umgesetzt hat. Damit hätte sie für die Aufgaben der Bundesverwaltung gemeinsame IT-Lösungen zur Verfügung stellen können. Auch wenn die meisten Behörden eines der vier großen Personalwirtschaftssysteme nutzen, bleibt weiteres Einsparpotenzial außer Acht. Der Bundesrechnungshof hat kritisiert, dass die Bundesregierung die Einzelaktivitäten der Ressorts über den ITRat nicht koordiniert hat. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass die Ressorts gleichberechtigt vertreten sind und einstimmig entscheiden. Um in den nächsten Jahren eine tragfähige und den Bundeshaushalt entlastende Lösung zu erreichen, müsste die Bundesregierung ihre bisherigen Aktivitäten verstärken. Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass die Ressorts bis dahin weitere zweistellige Millionenbeträge in die Entwicklung und Pflege verschiedener Systeme investieren, obwohl ein ressortübergreifender Nutzen nicht abzusehen ist. Der Bundesrechnungshof befürchtet, dass sich die bisherigen Systeme ohne klare Zielvorgaben für eine systematische Konsolidierung und ohne eine enge Koordinierung der Aktivitäten der Ressorts weiter auseinanderentwickeln. Dies erschwert und verteuert eine spätere Konsolidierung der Personalwirtschaftssysteme.

[…] Die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik bestätigt die Auffassung des Bundesrechnungshofes, dass Vereinheitlichung und Standardisierung technischer Systeme Synergieeffekte ermöglichen. Sie unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Optimierungen. Auch widerspricht sie nicht der Kritik des Bundesrechnungshofes, dass fachliche, zeitliche sowie monetäre Ziele für die Konsolidierung der Personalwirtschaftssysteme fehlen. Nach 17 Jahren sollte sie diese nunmehr schnellstmöglich formulieren. Der Bundesrechnungshof hält daran fest, dass die Bundesregierung durch eine angemessene IT-Steuerung sicherstellen muss, dass Einsparpotenziale u. a. bei Personalwirtschaftssystemen genutzt werden. Die von ihr aufgeführten „Aufwände und Nachteile“ sowie die Risiken muss die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung berücksichtigen. Zu den Personalwirtschaftssystemen sollte sie den aktuellen Sachstand und die bisherigen sowie die künftigen Kosten ermitteln. Anschließend sollte sie eine Strategie für die Standardisierung der IT-Unterstützung der Personalwirtschaftssysteme entwickeln. Hierfür muss sie spezifische, messbare, anerkannte, realistische und zeitlich klar definierte Ziele formulieren. Sie muss darlegen, wie sie künftig Mehrfachentwicklungen, Doppelstrukturen und damit unnötige Kosten für Personalwirtschaftssysteme vermeiden will. Auch sollte sie nachweisen, ob sich mit einer Ein- oder Mehrproduktstrategie die von ihr als notwendig erkannten weiteren Optimierungen wirtschaftlich erzielen lassen. Über die Vereinheitlichung der Personalwirtschaftssysteme hinaus erwartet der Bundesrechnungshof, dass die Bundesregierung nun ein geeignetes Steuerungssystem für die IT des Bundes einrichtet.

Bundesverwaltung setzt Empfehlungen zur wirtschaftlichen Arbeitsweise großer Poststellen nicht konsequent um (Bundesministerium des Innern) (#6, S. 127ff)

Bundesbehörden versenden jährlich mehrere Millionen Briefe und Drucksachen mit der Post. Einen wesentlichen Anteil daran haben große Poststellen, die jeweils mehr als 350 000 Poststücke pro Jahr versenden. In den Jahren 2003 und 2004 prüfte der Bundesrechnungshof die Geschäftsprozesse in den großen Poststellen der Bundesverwaltung. In seinen Bemerkungen 2005 empfahl er insbesondere, die Arbeitsabläufe in den großen Poststellen systematisch zu untersuchen und den Personalbedarf zu ermitteln. So sollten die Behörden Schwachstellen erkennen und beseitigen, um ihre Post wirtschaftlich bearbeiten und versenden zu können.

Der Bundesrechnungshof prüfte in den Jahren 2010 und 2011 mit Unterstützung des Prüfungsamtes des Bundes Koblenz bei fünf Bundesbehörden, ob sie seine Empfehlungen umgesetzt hatten. Er stellte fest:

  • Die geprüften Behörden änderten zwar die Organisation ihrer Poststellen. Dabei gingen sie jedoch vielfach unsystematisch vor. Ein Teil der Behörden hatte vorab keine Organisationsuntersuchungen durchgeführt. Andere Behörden untersuchten nicht alle Arbeitsabläufe, die zum Postversand gehören. So berücksichtigten sie nicht, dass der Postversand bereits in den Fachabteilungen beginnt.
  • Behörden ermittelten teilweise nicht, wie viel Personal ihre Poststelle benötigte. Soweit sie den Personalbedarf festlegten, war dieser häufig nicht sachgerecht begründet.
  • Behörden nutzten vorhandene Kuvertiermaschinen nicht immer, entweder weil Beschäftigte der Fachabteilungen Briefe versandfertig vorbereiteten, oder weil Beschäftigte der Poststellen diese manuell kuvertierten.
  • Behörden erstellten Massendrucksachen oder transportierten Post im Nahbereich bis drei Kilometer selbst. Sie untersuchten nicht, ob eine Vergabe dieser Aufgaben an Dienstleister wirtschaftlich gewesen wäre.
  • Die Gesamtkosten der Postausgangsbearbeitung ermittelten die Behörden nicht. Soweit sie über eine Kosten- und Leistungsrechnung verfügten, nutzten sie diese nicht für Kostenvergleiche oder Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.

Der Bundesrechnungshof fragte bei allen Bundesministerien Ende des Jahres 2012 erneut ab, ob sie ihre Poststellen untersucht und für deren wirtschaftlichen Betrieb gesorgt hatten. Viele Behörden, darunter auch einige aus dem Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums, verneinten dies. Sie erklärten, sie hätten weder die Organisation ihrer Poststellen untersucht, den Personalbedarf bemessen, noch mögliche Personalüberhänge abgebaut. In wirtschaftlich begründeten Fällen hätten sie den Postversand und -transport nicht an externe Dienstleister vergeben und auch die Kosten der Postausgangsbearbeitung nicht ermittelt.

[…] Der Bundesrechnungshof bleibt bei seiner Kritik, dass die Arbeitsabläufe der großen Poststellen in der Bundesverwaltung zu verbessern sind. Die Abfrage des Bundesrechnungshofes Ende 2012 hat gezeigt, dass in den Geschäftsbereichen vieler Bundesministerien – darunter auch das Bundesinnenministerium – weiterhin entsprechender Handlungsbedarf besteht. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, dass das für Organisationsfragen federführende Bundesinnenministerium Organisationsuntersuchungen in den Poststellen der Bundesverwaltung anstößt und die Bundesministerien berät. Das Ressortprinzip steht einer solchen Vorgehensweise nicht entgegen.

Bundeswasserstraßen (#38.3.3, S. 227)

Aufgrund von Beschlüssen des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages untersucht das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung seit dem Jahr 2011 die WSV mit dem Ziel, sie zu reformieren. Am 1. Mai 2013 richtete das Bundesministerium die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn ein. Damit will es die WSV wirtschaftlich, leistungs- und zukunftsfähig gestalten. Der Bundesrechnungshof wird die Reformbemühungen weiter begleiten und dabei vor allem darauf achten, dass die weiteren Entscheidungen auf der Grundlage belastbarer Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen getroffen werden. Er ist der Auffassung, dass das Bundesministerium die Wirtschaftlichkeit von Investitionen mit einer fehlerhaften Methodik nachgewiesen hatte. Auf der Grundlage einer Empfehlung des Bundesrechnungshofes hat der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages das Bundesministerium aufgefordert, grundsätzlich die Arbeitsanleitungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des Bundesfinanzministeriums zu verwenden. Der Bundesrechnungshof wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung dabei unterstützen, die Gegebenheiten der WSV bei Nachweisen der Wirtschaftlichkeit in einer zentralen Regelung zu berücksichtigen.

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