BRH Bemerkungen 2017 (Dezember 2017; Auszug)

Bei seinen Prüfungen wendet der Bundesrechnungshof beide in Artikel 114 Absatz 2 Grundgesetz genannten Maßstäbe an: Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit untersucht er das Verhältnis von Kosten und Nutzen. Dabei gilt die Aufmerksamkeit der Frage, ob die geprüften Stellen ihre personellen und materiellen Res­sour­cen wirtschaftlich verwenden.

Wir haben für Sie einige Textpassagen aus den Bemerkungen 2017 zum Thema “Wirtschaft­lichkeitsberechnungen” dokumentiert.

(BMVI) Wirtschaftlichkeit des Ausbaus der Bundesautobahn A 8 zwischen Chiemsee und Bundesgrenze nicht nachgewiesen – Einsparpotenzial von 110 Mio. Euro (#15, S. 37)

Das BMVI plant, die A 8 vom Inntal bis zur Bundesgrenze sechsstreifig auszubauen. Die Baukosten betragen 1,2 Mrd. Euro. Das BMVI stellte fest, dass die Kosten des Ausbaus höher sind als dessen Nutzen und dass das Projekt daher unwirtschaftlich ist. Gleichwohl hielt es an seiner Planung fest.

Der Bundesrechnungshof hat bemängelt, dass das BMVI die unterschiedlichen Verkehrsbelastungen der Strecke nicht berücksichtigte. Ein sechsstreifiger Ausbau ist nach Ansicht des Bundesrechnungshofes nur vom Inntal bis zum Chiemsee notwendig. Für den Abschnitt vom Chiemsee bis zur Bundesgrenze rechtfertigen die Verkehrsbelastungen lediglich einen vierstreifigen Ausbau mit temporärer Seitenstreifenfreigabe für die Spitzenbelastungen im Reiseverkehr. Das BMVI könnte so die Baukosten um mindestens 110 Mio. Euro senken und damit die Wirtschaftlichkeit erhöhen.

Das BMVI lehnt diese Lösung ab. Es hat auf gesetzliche Festlegungen zum sechsstreifigen Ausbau und auf Nachteile für die Sicherheit bei einem vierstreifigen Ausbau mit temporärer Freigabe des Seitenstreifens verwiesen.

Der Bundesrechnungshof hält daran fest, dass der vierstreifige Ausbau mit temporärer Freigabe des Seitenstreifens für den Abschnitt vom Chiemsee bis zur Bundesgrenze eine sichere, umweltschonende und kostengünstige Alternative darstellt. Die gesetzliche Festlegung steht einer Änderung der Planung nicht entgegen. Das BMVI ist nach dem Fernstraßenausbaugesetz gehalten, regelmäßig zu prüfen, ob die Planung anzupassen ist. Insbesondere wegen der fehlenden Wirtschaftlichkeit des sechsstreifigen Ausbaus ist das BMVI verpflichtet, alle Einsparmöglichkeiten zu nutzen.

Der Bundesrechnungshof erwartet daher, dass das BMVI die Verkehrsqualität einschließlich der Sicherheitsaspekte und die Wirtschaftlichkeit für diese Alternative berechnet und nachweist.

(BMVg) Nutzen und Wirtschaftlichkeit von Kooperationen der Bundeswehr bei der Instandhaltung von Luftfahrzeugen zweifelhaft (#20, S. 42)

Bei der Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung (Instandhaltung) der Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter sowie der Hubschrauber UH Tiger und NH 90 arbeitet die Bundeswehr mit Unternehmen zusammen. In diesen Kooperationen verrichten Soldatinnen und Soldaten unter Anleitung der Unternehmen Instandhaltungsarbeiten. Die Bundeswehr will so erreichen, dass sie insbesondere in Auslandseinsätzen Schäden an den Hubschraubern und Flugzeugen weitgehend selbst untersuchen und beseitigen kann. Außerdem will sie besser erkennen und beurteilen können, was für den Betrieb und die Weiterentwicklung der Hubschrauber und Flugzeuge erforderlich ist.

Die Kooperationen bestehen zum Teil mehr als zehn Jahre und haben zunehmende Bedeutung für die Bundeswehr. Dennoch unterließ es die Bundeswehr zu überprüfen, ob sie mit den Kooperationen ihre Ziele erreichte. Dem BMVg fehlen damit wesentliche Grundlagen, um den Erfolg der Kooperationen zu bewerten und um sie weiter zu entwickeln.

Die Bundeswehr legte nicht fest, was ihr Personal in den Kooperationen im Einzelnen leisten sollte, um die erforderlichen Fähigkeiten zur Instandhaltung aufzubauen und zu erhalten. Sie stattete die Kooperationen nicht immer bedarfsgerecht mit militärischem Personal aus. Deshalb leistete die Bundeswehr ihren Beitrag zu den Instandhaltungsarbeiten oft nicht vollständig und konnte die erforderlichen Fähigkeiten nur eingeschränkt aufbauen und erhalten.

Das BMVg hat eingeräumt, dass es die Kooperationen nicht übergreifend auf deren Nutzen und die Wirtschaftlichkeit überprüft hat. Zwar hat es angekündigt, den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit einzelner Kooperationen von der Bundeswehr überprüfen zu lassen; Ergebnisse hat es jedoch bisher nicht vorgelegt. Dass die Kooperationen nicht immer angemessen mit Personal ausgestattet waren, hat das BMVg bestätigt, aber das Erreichen der Kooperationsziele nicht für gefährdet gehalten.

Der Bundesrechnungshof erwartet vom BMVg, umgehend einheitliche Grundsätze und Kriterien für die Erfolgskontrolle der Kooperationen zu erarbeiten. Auf dieser Grundlage sollte die Bundeswehr sodann den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit der Kooperationen überprüfen. Überdies hat das BMVg dafür zu sorgen, dass die Bundeswehr die Kooperationen bedarfsgerecht organisiert und mit Personal ausstattet.

(BMUB) 50 Mio. Euro für Beseitigung von Baumängeln über 24 Jahre im Bundeshaushalt nicht transparent ausgewiesen (#21, S. 44)

Fünf Jahre nach dem Regierungsumzug erkannten Sachverständige gravierende Brandschutzmängel am Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Da die Gewährleistungsfristen bereits verstrichen waren, ließ das BMUB zahlreiche Mängel zulasten des Bundes beseitigen. Den Gesamtsanierungsbedarf ermittelte es im Jahr 2017 mit 50 Mio. Euro. Es beabsichtigt, die Mängelbeseitigung im Jahr 2024 abzuschließen. Das BMUB finanzierte die Mängelbeseitigung zunächst aus seinem Sammeltitel für die „Baumaßnahmen zur Unterbringung der Bundesregierung außerhalb des Parlamentsviertels in Berlin“. Zudem verwendete es Mittel aus dem Konjunkturpaket II. Seit dem Bundeshaushalt 2011 sind entsprechende Mittel außerdem im Einzelplan des BMWi veranschlagt. Nach dem Grundsatz der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit sollen Ausgaben für denselben Zweck jedoch nicht bei verschiedenen Titeln veranschlagt werden.

Das BMUB hat die Transparenz des Haushaltsplans eingeschränkt. Der Bundesrechnungshof hat zudem die Wirtschaftlichkeit der kleinteiligen Mängelbeseitigung über einen Zeitraum von 24 Jahren bezweifelt.

Der Bundesrechnungshof fordert das BMUB auf, den Gesamtsanierungsbedarf sowie die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung offenzulegen. Große Baumaßnahmen sollten grundsätzlich einzeln veranschlagt oder bei einem Sammeltitel Erläuterungen für verbindlich erklärt werden, um so durch die sachliche Bindung an die Baumaßnahme das parlamentarische Budgetrecht zu wahren. Nachträglich erforderliche Ausgaben für eine Baumaßnahme sind dieser auch im Bundeshaushalt transparent zuzuordnen.

(BMF/VBL) IT-Projekt der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder fast viermal teurer als geplant (#5, S. 26)

Ein technischer Verbund von Hard- und Software-Komponenten, auf dem Anwendungsprogramme entwickelt und ausgeführt werden können, wird als IT-Plattform bezeichnet. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) entschied, ihre nicht länger einsetzbare IT-Plattform zu erneuern. Einige Vorprojekte führte sie im Jahr 2007 im Projekt „Phoenix“ zusammen; dieses sollte 30 Mio. Euro kosten und Ende 2009 abgeschlossen sein.

Im Projektverlauf stellte die VBL fest, dass sie einige fachliche Anforderungen mit der neuen IT-Plattform nicht wie geplant umsetzen konnte. Der Bundesrechnungshof führt dies darauf zurück, dass die VBL ihre fachlichen Anforderungen vor Projektbeginn nur unzureichend festlegte. Das Projekt verlängerte sich dadurch bis Ende des Jahres 2012. Die Projektkosten stiegen in dieser Zeit auf 115 Mio. Euro. Hierzu trug auch bei, dass die VBL vor, während und zum Abschluss des Projekts stets nur eine IT-Lösung betrachtete. Verfügbare Handlungsalternativen, die ein wirtschaftliches Vorgehen ermöglicht hätten, berücksichtigte die VBL nicht.

Das BMF wird angesichts der festgestellten gravierenden Probleme seine Aufsicht bei künftigen Projekten stärker ausüben müssen.

Schreibe einen Kommentar