DACH-Vergleichstudie zu eGovernment (2016) : Der Weg ist noch weit …

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Der Weg ist noch weit

Das IT-Dienstleistungsunternehmen Materna GmbH hat zusammen mit der Hochschule Harz, der Berner Fachhochschule und der Fachhochschule Kärnten eine Studie zur Wirkung von eGovernment in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Dazu wurden im Herbst des vergangenen Jahres rund 900 Verwaltungen befragt, von denen insgesamt 16 Prozent teilnahmen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Öffentliche Verwaltung das Thema eGovernment zunehmend strategisch angeht, aber der Weg noch lang sein wird, bis die geplanten Maßnahmen umgesetzt sein werden. Die Studienergebnisse wurden erstmals auf der CeBIT 2016 vorgestellt.

eGovernment-Strategien sind mittlerweile Standard

Zu den Ergebnissen der Studie merken die Autoren an: „Die Verwaltungen besitzen nach den umfangreichen Ergebnissen der Studie zu fast zwei Dritteln eine eGovernment-Strategie und vermitteln damit ein sehr hohes Innovationspotenzial.“ Noch mehr Verwaltungen verwiesen auf eine administrativ übergeordnete Strategie des jeweiligen Bundeslandes oder Kantons. Insofern befinde sich die eGovernment-Welt nicht nur auf Ebene der Bundesländer in Deutschland in einer rechtlichen Transformations- und Regelungsphase, so die Autoren.

Erstaunlich ist dagegen folgender Befund: „Entsprechend den zahlreichen systematisch vorgehenden Behörden stufen sich zahlreiche Verwaltungen in der oberen Hälfte der Innovationsskala ein. Die befragten Verwaltungsvertreter verorten die Treiber für die eGovernment-Entwicklung eindeutig bei der Verwaltung selbst, erst mit einem beträchtlichen Abstand folgen die politischen Gremien, während die eigentlichen Adressaten, also die Bürger und die Wirtschaft, erstaunlicherweise eine untergeordnete Rolle spielen.“ Externe Beteiligte würden also in der Verwaltung kaum als Triebfeder für Innovationen und Dienstleistungsgestaltungen wahrgenommen, so die Verfasser.

Als Hemmschuh der eGovernment-Entwicklung werden in allen drei Ländern vor allem die geringen Personalressourcen genannt. Selbst Budgetrestriktionen und fehlende rechtliche Grundlagen werden erst mit einigem Abstand genannt.

Beim eGovernment sehen die befragten Akteure in den Verwaltungen auch einige neue Herausforderungen auf sich zukommen. Entsprechend zeigt sich akuter Handlungsbedarf in den Bereichen „Akzeptanzprobleme bei Mitarbeitern“, bei den technologischen „Investitionshöhen“ und dem damit verbundenen steigenden „Ressourcenbedarf“ sowie beim ebenfalls „wachsenden (Aus- und) Fortbildungsbedarf“.

Die Koordination von staatlichen und kommunalen Stellen erachtet nur jede fünfte Verwaltung als ausreichend und genügend, während über zwei Drittel der Verwaltungen hier noch ein großes Potenzial für Verbesserungen, insbesondere in der vertikalen Kooperation, sehen. Mit eGovernment verknüpfen die befragten Verwaltungen jedoch auch ganz konkrete Erwartungen.

Formuliert werde diese primär von den Führungskräften der Verwaltung oder den CIOs/IT-Leitern. Am häufigsten wurden in der Umfrage die Verbesserung von Prozessen, die Entlastung der Verwaltung, Effizienzsteigerungen sowie Qualitätsverbesserungen genannt.

Die Frage nach der Durchführung von Wirtschaftlichkeitsanalysen teilt die Verwaltungswelt nach Ansicht der Autoren in zwei Lager. Die eine Hälfte führt vor der Umsetzung von Projekten immer oder zumindest oft Wirtschaftlichkeitsanalysen durch. Die andere Hälfte führt dies nur gelegentlich, selten oder auch gar nicht durch. Ein Großteil der Verwaltungen pflege jedoch einen sehr strukturierten und professionellen Umgang mit eGovernment-Projekten durch die Verwendung strategischer Listen für die Projektauswahl, einer festen Systematik und eines entsprechenden Instrumentariums, so die Autoren. Die eingesetzten Verfahren seien zwar nicht komplexer Natur, brächten den Beteiligten aber zumindest einen profunden Überblick in Form von einfachen Kosten-Nutzen-Analysen oder Vor- und Nachteil-Bewertungen.

Zusammenfassung der Kernergebnisse

Allgemein akzeptiert scheint hingegen die Wichtigkeit der IT-Sicherheit. Dazu die Studie: „Bei der Frage nach der Durchführung von weiteren Controlling- und Qualitätssicherungsaktivitäten rangieren die Sicherung gegen Hacker, Viren und Spam, die Sicherung von Datenschutzvorgaben sowie die Auswertung von Nutzungsstatistiken der Webseiten auf den vorderen Plätzen. Die größten Planungsabsichten bestehen hinsichtlich der Evaluationen des Nutzens und der Kosteneinsparungen, der Bürger- und Kundenbefragungen zum eGovernment und des nachfrageorientierten Abgleichs des eGovernment-Angebots.“

Einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse in Deutschland, Österreich und der Schweiz liefert die folgende Übersicht:

  • Als Treiber für eGovernment-Aktivitäten sehen Behörden in erster Linie sich selbst und die Politik, während die gewachsenen Ansprüche der Verwaltungskunden (Bürger und Unternehmen) als Treiber nur eine nachgeordnete Rolle spielen. Dennoch werden als Ziele des eGovernments – vor allem in Österreich und der Schweiz – nach außen gerichtete Effekte, nämlich die Erhöhung der Qualität und die Verbesserung der Abläufe für Bürger und Wirtschaft genannt. Deutsche Verwaltungen sehen eher nach innen gerichtete Effekte, wie Zeitersparnis, als Ziel des eGovernments.
  • Mehr als drei Viertel aller deutschen Landes- und Kommunalbehörden haben eine eigene eGovernment-Strategie. Zum Befragungszeitraum verfügte allerdings erst ein Fünftel der deutschen Bundesländer über ein eigenes eGovernment-Gesetz. Fast zwei Drittel der Länder haben noch kein eGovernment-Gesetz, einige sind allerdings bereits dabei, ein Gesetz zu planen. Das eGovernment-Gesetz des Bundes wird dadurch seinem Charakter als Motor des eGovernments gerecht, auch wenn es noch ein langer Weg bis zur vollständigen Digitalisierung der Verwaltung ist.
  • Im Ländervergleich platziert sich bei der Frage der heute umgesetzten eGovernment-Services Österreich vor der Schweiz, gefolgt von Deutschland. Nur die Geo-Referenzierung und die elektronische Akte sind bei mehr als der Hälfte der befragten deutschen Verwaltungen im Einsatz, elektronische Amts- und Verkündungsblätter sowie elektronische Bezahlfunktionen immerhin noch bei knapp der Hälfte der Verwaltungen.
  • Die größten Planungs- und Entwicklungspotenziale finden sich in den Verwaltungen bei der eRechnung, der Prozessoptimierung von eGovernment, der Eröffnung eines De-Mail-Zugangs (nur Deutschland) sowie beim elektronischen Identitätsnachweis. Mehr als die Hälfte der Verwaltungen planen diese eGovernment-Elemente in der Zukunft einzusetzen.
  • Zentrale Herausforderungen bei der Einführung von eGovernment-Prozessen bleiben der demografische Wandel und die Akzeptanzprobleme innerhalb der eigenen Verwaltung. Knappe Personalressourcen sowie der Erhalt und Ausbau von Know-how stellen Behörden vor große Herausforderungen. Deshalb besteht bei vielen Behörden ein steigender Aus- und Weiterbildungsbedarf, um für die Herausforderungen der künftigen digitalen Verwaltung gerüstet zu sein. Weitere Erschwernisse liefern die vielerorts noch fehlenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Ressourcen.
  • Drei Viertel der Befragten wünschen sich eine besser vernetzte Verwaltung. Ein Mehr an Kooperationen der Verwaltungen untereinander würde die Effizienz der eGovernment-Angebote erhöhen, aber auch die Akzeptanz sowohl bei Verwaltungsmitarbeitern als auch bei Verwaltungskunden fördern.
  • den Ausbau der Kooperation der Verwaltungen untereinander (insbesondere vertikale Kooperationen),
  • den Aufbau einer eGovernment-orientierten Personalentwicklung,
  • eine stärkere Integration der externen Perspektive in der Planungs- und Umsetzungsphase von Projekten,
  • eine intensivierte angewandte Forschung für die Umsetzung von eGovernment in den Verwaltungen,
  • die Entwicklung eines neuen, einfachen Bewertungsmodells für eGovernment-Projekte,
  • die Umsetzung einer stärker wirkungs- und ergebnisorientierten Verwaltungssteuerung auch und gerade im Zusammenhang mit eGovernment sowie
  • eine professionellere Projektsteuerung und Projektumsetzung.

Bei diesen allgemeinen Handlungsempfehlungen belassen es die Autoren indessen nicht. Sie haben auch individuelle Handlungsempfehlungen für die drei DACH-Länder formuliert. Diese finden sich in der Komplettstudie, zu der Sie Näheres über den Link erfahren können.

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